Vierte demoskopische Umfrage

Was denkt und fühlt Ostbelgien?

Zu elf Themen zeigt die Erhebung wissenschaftlich fundiert, wie die Meinung der ostbelgischen Bevölkerung aussieht. Die Erkenntnisse helfen, die Zukunft unserer Region gezielter zu planen und zu gestalten. Wie sie im Detail aussehen, lesen Sie hier.

Nach 2011, 2014 und 2018 führte das Ministerium in diesem Jahr erneut eine groß angelegte Meinungsumfrage in der Deutschsprachigen Gemeinschaft durch. Die Befragung zielte darauf ab, die Einstellung der Bevölkerung zu ausgewählten Themen kennenzulernen. Die vierte demoskopische Umfrage zeigt zudem, wie sich die Einstellung seit 2011 entwickelt hat.

Das Unternehmen INFO interviewte zwischen dem 17. November 2022 und 11. Januar 2023 mithilfe computergestützter Telefoninterviews 1.000 Personen ab 16 Jahren. Der Fragenkatalog umfasste 32 Fragen zu elf Themen.

Ostbelgier gucken mehrheitlich positiv, aber zunehmend negativ in die Zukunft

Die überwiegende Mehrheit der Bewohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens blickt persönlich (77 %) und wirtschaftlich (70 %) eher oder sogar sehr optimistisch in die Zukunft. 23 Prozent blicken persönlich und 30 Prozent wirtschaftlich eher bzw. sehr pessimistisch in die Zukunft. Der Anteil derer, die sehr bzw. eher pessimistisch gestimmt sind, ist jedoch im Vergleich zu 2018 recht deutlich gestiegen (+ 10 Prozentpunkte persönlich und + 18 Prozentpunkte wirtschaftlich).

Ebenfalls wurden die Bürger befragt, wie zufrieden sie mit einzelnen Aspekten an ihrem Wohnort sind. Jeweils ca. vier von fünf Befragten sind zufrieden bis sehr zufrieden mit

Drei Hände halten Sprechblasen mit einem lachenden, einem neutralen und einem traurigen Gesicht in die Luft.
  • dem Kulturangebot in Ostbelgien
  • der Bewahrung der Vielfalt der Kulturen
  • der Entwicklung des Tourismus
  • der Qualität bei Bildung und Ausbildung
  • dem sozialen Zusammenhalt, der Bildungsgerechtigkeit
  • dem Zustand der Umwelt in der Region
  • der Wahrung/dem Ausbau der Autonomie der Deutschsprachigen Gemeinschaft

Im mittleren Bereich bewegt sich die Zufriedenheit mit der Stärkung des Ehrenamtes, der Entwicklung von Handwerk und Dienstleistungen, mit den Angeboten für Senioren und der bürgernahen ärztlichen Grundversorgung. Jeweils ca. drei Viertel der Befragten äußerten sich mit diesen Aspekten zufrieden bis sehr zufrieden. Die im Vergleich geringste Zufriedenheit besteht beim Klimaschutz („(sehr) zufrieden“: 57 %) und der Integration von Zuwanderern (59 %).

Beim Verkehr und bei den Straßen sehen Ostbelgier den größten Aufholbedarf

Die meistgenannte Aufgabe in Ostbelgien ist wie 2018 die vielfältigen Verkehrsprobleme bzw. der Zustand der Straßen oder des ÖPNV. Weitere Bereiche, die die Ostbelgier als wichtige Aufgaben und Probleme ansehen, sind unter anderem

  • Schule und Bildung (12 %)
  • Sprachenprobleme bzw. die Stärkung und Förderung der deutschen Sprache in der Deutschsprachigen Gemeinschaft (10 %)
  • die Gesundheitspolitik bzw. Kranken- und Pflegeversicherungen (10 %)
  • der Wunsch, mehr für Ältere, Rentner oder Behinderte zu tun (8 %)
  • das allgemeine Wohlergehen und die soziale Gerechtigkeit (6%)

Ostbelgier fühlen sich ihrer Heimat sehr verbunden

Darüber hinaus wurden die Bürger zu ihrer Verbundenheit zum Wohnort, zur unmittelbaren Nachbarschaft, zur Deutschsprachigen Gemeinschaft, zu Belgien, zum belgischen Königshaus und zur Europäischen Union befragt. Fast alle Bewohner fühlen sich mit ihrem Wohnort verbunden (92 %). Die Mehrheit der Bewohner Ostbelgiens fühlen sich nach eigenen Angaben mit Belgien insgesamt (80 %, 2018: 97 %), mit der Deutschsprachigen Gemeinschaft (82 %, 2018: 95 %) und der unmittelbaren Nachbarschaft (81 %) verbunden. Mit der Europäischen Union haben 56 % (2018: 52 %) eine positive Verbundenheit, mit dem belgischen Königshaus sind es sogar nur 42 % (2018: 62 %).

Ostbelgier zeigen sich mit regionaler Politik zufrieden

Mit der Politik im Gesamtstaat sind 2023 mehr Befragte unzufrieden (53 %) als zufrieden (47 %). In der Deutschsprachigen Gemeinschaft und in der eigenen Gemeinde sind andere Werte zu beobachten: 73 % sind mit der Politik in der Deutschsprachigen Gemeinschaft und 69 % mit der Politik der eigenen Gemeinde zufrieden.

Was politische Beteiligungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten betrifft, sind 62 bzw. 63 % der Befragten der Meinung, dass auf Ebene der Deutschsprachigen Gemeinschaft bzw. der Gemeinden genügend zur Verfügung stehen. Im Vergleich zu 2018 sind diese Werte nahezu unverändert.

Die Frage, ob die Deutschsprachige Gemeinschaft im Rahmen möglicher weiterer Staatsreformen weiterhin Teil der Wallonie bleiben sollte, beantwortete mehr als die Hälfte der Befragten abschlägig (55 %). Für den Verbleib als Teil der Wallonie sprachen sich vier von zehn Befragten (39 %) aus, das sind deutlich weniger als bei den Befragungen 2018 (47 %) und 2014 (48 %).

Ostbelgier schreiben Ehrenamt weiterhin groß

Fast jede bzw. jeder zweite Befragte hat sich nach eigenen Angaben in den letzten 24 Monaten in irgendeiner Weise aktiv ehrenamtlich engagiert (48 %). Ein Sechstel hat sich in diesem Zeitraum nur passiv, d. h. durch reine Mitgliedschaft oder Spenden, eingebracht (17 %). Ein Drittel engagierte sich in keiner Weise ehrenamtlich (34 %). Für diejenigen, die sich nicht aktiv ehrenamtlich betätigen, spricht gegen ein solches Engagement vor allem der Zeitmangel: Zwei Drittel gaben an, keine Zeit bzw. andere Verpflichtungen zu haben (66 %).

Energiepreise und Inflation bewegen Ostbelgier

Aus aktuellem Anlass wurden die ostbelgischen Bürger nach ihren Einschätzungen zur Energiekrise befragt. Zustimmung fanden vor allem folgende Aussagen:

  • eine grundsätzliche Begrenzung der Preise für Strom und Gas durch den Staat („stimme voll und ganz/eher zu“: 90 %)
  • jeder soll zur Bewältigung der Energiekrise Energie sparen (89 %)

Zudem zeigt die Erhebung:

  • Knapp neun von zehn Befragten fühlen sich durch die steigenden Energiepreise zum Energiesparen bewegt (86 %).
  • Für einen festen Zuschuss zu den Energiekosten für jeden Haushalt sprechen sich fast drei Viertel der Befragten aus (72 %).
  • Knapp zwei Drittel stimmen der Aussage zu, ausschließlich Haushalten mit sehr geringen Einkommen Zuschüsse zu den Energiekosten zu gewähren (63 %).
  • Weniger Sorgen machen sich die Befragten, dass es im Winter zu Ausfällen in der Strom- und Gasversorgung kommt (24 %) oder sie die Energierechnungen nicht oder nur schwer zahlen können (35 %).
  • Allerdings befürchtet mehr als die Hälfte, dass sich ihr Lebensstandard wegen der Inflation deutlich verschlechtern wird (55 %).