9. Wie führe ich eine Untersuchung sachgerecht durch?
Sie möchten eine Fragestellung untersuchen, wissen aber nicht, wie Sie vorgehen sollen? Hier stellen wir Ihnen eine idealtypische Vorgehensweise vor, die Ihnen helfen kann, Ihre Untersuchung zu strukturieren. Beachten Sie dabei immer, welche Ressourcen (Personal, Zeit, Finanzen) Ihnen zur Verfügung stehen und passen Sie den „Forschungsprozess“ an.
Schritt 1: Klärung des Entdeckungs- und Verwertungszusammenhangs
Klären Sie, welches Problem untersucht werden soll. Für wen und mit welchem Ziel? Wie müssen die Informationen aussehen, um den jeweiligen Zweck zu erfüllen?
Schritt 2: Präzisierung der Fragestellung und Identifikation von relevanten Dimensionen
Was genau soll untersucht werden? Eine Fragestellung sollte relevant, begrenzt, präzise formuliert und vor allem erforschbar sein. Zudem müssen Sie sich fragen, welche Dimension wichtig ist. Mal liegt der Schwerpunkt auf der Beschreibung, mal gilt es, eine Hypothese zu testen und mal steht der Bezug zu einem Projekt im Vordergrund.
Suchen Sie präzise Informationen zu einer Situation zum Zeitpunkt X, zu einer Meinung oder zu einer Entwicklung (Diagnose)? Möchten Sie zunächst das Themenfeld erkunden (Exploration)? Möchten Sie einen kausalen Zusammenhang oder eine Hypothese prüfen? Zielt Ihre Fragestellung darauf ab, eine Prognose zu erstellen? Oder möchten Sie eine konkrete Maßnahme bewerten (Evaluation)?
Schritt 3: Zuordnung von geeigneten Begriffen zu den relevanten Dimensionen
Existieren schon geeignete Begriffe und Definitionen, um eine klare Fragestellung zu formulieren? Oder müssen diese noch eingeführt werden? Definieren Sie die zentralen Begriffe Ihrer Fragestellung.
Schritt 4: Einordnung der Problemstellung in vorhandene Kenntnisse, ggf. Hypothesenbildung und Entscheidung über das Forschungsdesign
Welche theoretischen Kenntnisse sind vorhanden? Sind genügend Vorkenntnisse vorhanden oder müssen Sie das Themenfeld vorab weiter kennenlernen, um die Problemstellung mit der erforderlichen Genauigkeit formulieren zu können?
Falls Sie eine Hypothese testen: Welche Hypothesen wurden bereits getestet? Welche Aspekte sind noch offen? Welche Untersuchungsform ist angemessen und welche Methode der Informationsgewinnung ist sinnvoll und möglich?
Schritt 5: Auswahl von Indikatoren (falls erforderlich)
Nicht immer sind die Dinge, die untersucht werden sollen, direkt zu beobachten (z.B. Innovationskraft von Unternehmen). Daher ist es notwendig, Indikatoren auszuwählen, mit denen dann wiederum Indexe oder Typologien gebildet werden können (z.B. Anzahl Patentanmeldungen, Ausgaben für Forschung und Entwicklung). Die Indikatorentwicklung ist ein mitunter schwieriges Unterfangen.
Schritt 6: Festlegung des erforderlichen Differenzierungsgrades der Informationen sowie Angabe der Messinstrumente
Wie kann die Ausprägung der Variablen erfasst werden? Welche Erhebungsinstrumente und Skalen eigenen sich? Sind die verwendeten Instrumente zuverlässig? Mit welchen Messverfahren kann gearbeitet werden, und wie muss die Situation sein, in der die Messung geschieht?
Schritt 7: Auswahl der „Merkmalsträger“, der Grundgesamtheit und ggf. Entscheidung über Art und Umfang einer Stichprobe
Wer sind die Merkmalsträger (Personen, Organisationen, Zeitschriften,…)? Sollen alle untersucht werden oder nur einige? Wie kann eine Auswahl getroffen werden?
Schritt 8: Erhebung und Aufbereitung der Daten
Zunächst stellt sich die Frage, ob eine Primärerhebung nötig ist oder ob bestehende Informationen ausreichen (Sekundärauswertung). Ist eine Primärerhebung nötig, so sind unter Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen die entsprechenden Datenerhebungsmethoden auszuwählen.
Häufig unterschätzt wird der Arbeitsschritt der Datenaufbereitung. Bevor die Daten für die Auswertung bereit stehen, müssen sie bereinigt, selektiert, umkodiert, neu berechnet oder übersetzt werden.
Schritt 9: Auswertung und Verdichtung der Information
Im Unterschied zur Interpretation geht es bei der (statistischen) Auswertung des Materials zunächst darum, die Daten lesbar, also verständlich zu machen. Hierdurch erst werden aus Daten „Statistiken“. Dies geschieht zum Beispiel anhand von zusammenfassenden Tabellen und Häufigkeitsdiagrammen, durch das Berechnen von Prozenten oder Indexen oder über die Anwendung von statistischen Modellen.
Im Wesentlichen ist bei der statistischen Auswertung zwischen der deskriptiven (beschreibenden) Statistik und der (schließenden) „Inferenzstatistik“ zu unterscheiden. Letztere zielt darauf ab, mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsrechnungen eine Aussage zu einer begrenzten Zahl von Merkmalsträgern auf der Grundlage einer Stichprobe auf eine größere Gesamtheit zu verallgemeinern. Wichtigste Bedingung: Die Stichprobe muss nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden und jedes Element der Grundgesamtheit muss die gleiche Chance haben, ausgewählt zu werden. Nur wenn diese Bedingung erfüllt ist, ist die sogenannte Inferenzstatistik möglich. In bestimmten Fällen kann jedoch auch eine bewusste Auswahl der Stichprobe zielführend sein.
Schritt 10: Interpretation der Ergebnisse
Bei der Interpretation der Daten wird das Material wieder in den inhaltlichen Kontext gebracht. Der Bezug zur Fragestellung steht im Vordergrund. Was sagen die statistischen Ergebnisse aus und wie sind sie zu erklären? Und waren die angewendeten Methoden und Verfahrensweisen angemessen, um die Fragestellung zu erörtern und möglichst zu beantworten? Welche Konsequenzen bzw. Handlungsempfehlungen ergeben sich daraus?
Schritt 11: Dokumentation des Forschungsprozesses und der Ergebnisse
Für eine seriöse Untersuchung muss nicht nur das Ergebnis sondern auch der Weg dahin dokumentiert werden. Bei umfangreichen Untersuchungen sollte ein entsprechendes Kapitel Hinweise zur Methode und zu den benutzten Instrumenten geben. Bei kürzeren Analysen sind methodische Anmerkungen und Fußnoten ein Zeichen für die Qualität der Untersuchung. Die Angabe der Quelle ist für die Zuverlässigkeit bzw. Nachvollziehbarkeit einer Information wesentlich. Aussagen aus der Literatur sollten Sie nicht unkommentiert bzw. unreflektiert darstellen. Den Stellenwert der Aussage sollten Sie zum einen mit dem Autor belegen und zum anderen mit einer Bewertung der Aussage, z.B. „MUSTERMANN (2008) führt als Argument an, dass …“. Hierin ist zunächst die Quelle ersichtlich und außerdem die Angabe, dass es sich um die Meinung des zitierten Autors handelt.