Aktualisierung vom 22.12.2020

Die aktive Bevölkerung

Unter der „aktiven Bevölkerung“ (Erwerbspersonen) versteht man die Menschen im erwerbsfähigen Alter (15-64 Jahre), die entweder als Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis stehen oder als Selbstständige bzw. Gehilfe eines Selbstständigen tätig sind, plus die Arbeitsuchenden.

Die aktive Bevölkerung beläuft sich 2018 in der Deutschsprachigen Gemeinschaft auf 33.908 Personen (-48 Personen zum Vorjahr). Gemessen an der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter beträgt die Erwerbsquote (oder Aktivitätsrate) damit 67,4 % (Vorjahr: 67,5 %).

In der Wallonie beträgt die Erwerbsquote 68,2 % (Vorjahr 68,0 %) und in Flandern 73,6 % (im Vorjahr 73,3 %). Im Landesdurchschnitt liegt sie damit bei 70,9 %, was eine leichte Steigerung um 0,2 Prozentpunkte bedeutet.

Es besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen den Erwerbsquoten im Norden und Süden der Gemeinschaft, wobei nach wie vor nicht ganz klar ist, wie viel davon der mangelhaften Erfassung der Pendlerströme nach Deutschland geschuldet ist.

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Zum Vergleich: Neuberechnung der aktiven Bevölkerung

Da die Auspendlerzahlen der Deutschsprachigen Gemeinschaft in den vorhandenen administrativen Daten bekanntlich unterschätzt werden, haben Regierung, Ministerium und Arbeitsamt Anfang 2019 den Versuch unternommen, eine alternative Berechnung vorzunehmen. Hierzu wurden die bislang verwendeten, von der INAMI ermittelten Zahlen zu den Pendlern, die gewisse Kategorien nicht berücksichtigen, ersetzt durch Zahlen der luxemburgischen Sozialversicherung (IGSS) und Berechnungen auf Basis der Anzahl steuerpflichtiger Pendler (SPF Finances).

Aus diesen Berechnungen ergibt sich für 2017 ein Plus von knapp 3.000 Pendlern in der beschäftigten Bevölkerung. Demnach beliefe sich die aktive Bevölkerung der Deutschsprachigen Gemeinschaft auf rund 36.950 Personen und die Arbeitsmarktquoten verbessern sich deutlich:

2017 Steunpunkt Werk Neuberechnung
Aktivitätsquote 67,5% 73,5%
Beschäftigungsquote 62,4% 68,4%
Arbeitslosenquote 7,5% 6,9%

Aus Gründen der Vergleichbarkeit und zeitlichen Verfügbarkeit werden im Haupttext aber nach wie vor die „klassischen“ Daten des Steunpunts analysiert.

Erwerbsquote und Erwerbstätigenquote

Auch die Erwerbstätigenquote (Beschäftigungsrate) ist im Kanton St. Vith dank einer geringen Arbeitslosigkeit und einer relativ höheren Anzahl von Beschäftigten (Selbstständige, Pendler und Arbeitnehmer) deutlich höher als im Kanton Eupen. Die Beschäftigungsrate in Ostbelgien insgesamt beläuft sich 2018 nach dieser Berechnung auf 62,8 % (Vorjahr 62,4 %).

2018 Bevölkerung
15-64
Erwerbstätige
(Beschäftige
Bevölkerung)
Erwerbslose
(Vollarbeitslose)
Total =
Erwerbspersonen
(Aktive Bevölkerung)
Kanton St. Vith 19.779 13.171 461 13.632
Kanton Eupen 30.503 18.385

1.891

20.227
Ostbelgien 50.282 31.556 2.352 33.908

Quelle: Steunpunt Werk

2018

Erwerbsquote
(Aktivitätsrate)

Erwerbstätigenquote
(Beschäftigungsrate)
Arbeitslosenquote
Kanton St. Vith 68,9% 66,6% 3,4%
Kanton Eupen 66,5% 60,3%

9,3%

Ostbelgien 67,4% 62,8% 6,9%

Quelle: Steunpunt Werk                

Die unterschiedlich hohen Erwerbsquoten pro Altersgruppe und Geschlecht verdeutlichen die unterschiedlichen Verhaltensmuster dieser Gruppen am Arbeitsmarkt. 

Die Erwerbsquote der Jugendlichen liegt mit knapp 37,3 % deutlich unter dem Gesamtdurchschnitt, da sich die meisten Personen dieser Altersgruppe noch in der schulischen Ausbildung befinden und damit nicht als Erwerbspersonen gelten.

Jugendliche in einer mittelständischen Ausbildung zählen hingegen statistisch wohl zu den Erwerbstätigen. Dieser Prozentsatz von 37,3 % (im Kanton St. Vith sogar 45,4 %) ist höher als in der Wallonie (31,5 %), aber auch etwas höher als derjenige in Flandern (35,6 %).

Der Unterschied zur Wallonie ist dagegen noch deutlich größer bei der Erwerbstätigenquote, d. h. den tatsächlich Beschäftigten: sie beträgt 33,1 % in Ostbelgien, aber nur 22,3 % in der Wallonie. Dies erklärt sich auch durch die hohe Bedeutung der mittelständischen Lehre in Ostbelgien und die deutlich höhere Jugendarbeitslosigkeit in der Wallonie. Allerdings befindet sich die Erwerbstätigenquote der Jugendlichen seit Jahren auf einem Abwärtstrend, in Ostbelgien noch stärker als in den anderen Regionen.

In allen Regionen sind mehr Jungen als Mädchen auf dem Arbeitsmarkt präsent, aber nirgendwo ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern größer als in Ostbelgien: während rund 42 % der männlichen Jugendlichen zu den Aktiven zählen, sind es nur knapp 33 % der Mädchen. Die Zahlen deuten darauf hin, dass in der Deutschsprachigen Gemeinschaft die Jungen weniger häufig einer weiterführenden schulischen Ausbildung folgen, sondern eher als die Mädchen im Arbeitsleben oder einer Lehre zu finden sind.

In der Altersgruppe der 25-49-Jährigen sind in Ostbelgien 82,0 % der Männer auf dem Arbeitsmarkt präsent, aber nur 78 % der Frauen. Hier spiegelt sich die Tatsache wider, dass auch heute noch weniger Frauen als Männer einer bezahlten Tätigkeit nachgehen, selbst wenn der Unterschied im Laufe der Zeit immer geringer wird: Vor 10 Jahren lag die Differenz noch bei rund 16 Prozentpunkten. Während die Erwerbstätigkeit der Frauen in dieser Altersgruppe allmählich angestiegen ist (mittlerweile allerdings stagniert), ist bei den Männern sogar ein recht deutlicher Rückgang festzustellen – der allerdings teilweise der geänderten Pendlererfassung geschuldet ist - zugunsten einer zunehmenden Zahl von nicht-berufsaktiven Männern.

Noch größer ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern bei den 50-64-Jährigen, was aber nicht darauf zurückzuführen ist, dass die Frauen sich früher vom Arbeitsmarkt zurückziehen als die Männer, sondern darauf, dass die weiblichen Kohorten dieser Altersgruppe in früheren Jahren weitaus weniger auf dem Arbeitsmarkt präsent waren. Auch dieser Unterschied zwischen den Geschlechtern resorbiert sich aber zunehmend, da in der aktiven Bevölkerung keine Gruppe in den letzten 15 Jahren so stark angewachsen ist wie diejenige der Frauen über 50 Jahre. Ihre Erwerbsbeteiligung liegt mittlerweile bei fast 62 %, 2003 waren es nur 36 %. Bei den Männern der gleichen Altersgruppe zählen 72 % noch zu den Aktiven.

Auch im Vergleich zur Wallonie und insbesondere zu Flandern gehen die Frauen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft weniger häufig einer Erwerbstätigkeit nach, zumindest in der mittleren Altersgruppe: Die Erwerbsquote der 25-49-jährigen Frauen liegt in Ostbelgien mit 78 % rund 3 Prozentpunkte niedriger als in der Wallonie und 8 Prozentpunkte niedriger als in Flandern. Zugleich zeigen die Arbeitnehmerdaten, dass die Frauen in Ostbelgien häufiger einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen als in den anderen Regionen.

Die Erwerbsbeteiligung der Älteren (50-64-Jährige) ist mit rund 68,3 % in Belgien insgesamt im europäischen Vergleich recht niedrig, steigt aber von Jahr zu Jahr an. Diese Erwerbsquote hat in Flandern mit 70,1 % den höchsten Wert, beträgt in der Deutschsprachigen Gemeinschaft 66,7 % und in der Wallonie 65,0 %. 

In der Erwerbstätigenquote (Beschäftigungsrate) spiegelt sich wider, wie viel Prozent der aktiven Bevölkerung tatsächlich einer bezahlten Tätigkeit nachgehen, sei es als Arbeitnehmer oder Selbstständiger. Der Unterschied zur Erwerbsquote erklärt sich durch die Höhe der Arbeitslosigkeit in den jeweiligen Gruppen und Alterskategorien.

Trotz der niedrigeren Arbeitslosigkeit in Ostbelgien ist die Erwerbstätigenquote hier auch 2018 etwas niedriger (62,8 %) als im Landesdurchschnitt (64,2 %). In der Altersgruppe 15-24 Jahre verzeichnet die Deutschsprachige Gemeinschaft eine höhere Beschäftigungsrate als Belgien insgesamt, in der Gruppe der 25-49-Jährigen und inzwischen auch der 50-64-Jährigen allerdings eine leicht niedrigere Quote. Gerade hier aber macht sich auch das Problem der mangelhaften Erfassung der Auspendlerzahlen bemerkbar.

Quelle: Steunpunt Werk

Das Lissabon-Ziel für 2020

Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 insgesamt eine Erwerbstätigenquote von 75 % in der Altersgruppe der 20-64-Jährigen zu erreichen. Für Belgien wurde ein Zielwert von 73,2 % gesetzt.

Betrachtet man die Erwerbstätigenquote in Ostbelgien für die Gruppe der 20-64-Jährigen im Jahr 2018, so liegt diese bei 67,3 % (Belgien: 69,4 %), wenn man die administrativen Daten des Steunpunt Werk heranzieht.

Maßgebend für die EU sind allerdings die Zahlen der Arbeitskräfteerhebung (AKE), die auf Umfrageergebnissen basieren. Zieht man diese zu Rate, so ist die Deutschsprachige Gemeinschaft mit einem Ergebnis von 74,8 % für 2018 gut positioniert. Für Belgien insgesamt liegt die Quote bei 69,7 %.

Der Unterschied zwischen den administrativen Daten und den AKE-Daten erklärt sich durch die verwendeten Definitionen für die einzelnen Kategorien, durch die Erhebungsmethode und für Ostbelgien auch insbesondere dadurch, dass in den administrativen Daten die Auspendlerzahlen unterschätzt werden. Daher ist der Unterschied zwischen den beiden Quellen für Ostbelgien deutlich höher als in den anderen Landesteilen. Allerdings ist das Umfrageergebnis hier aufgrund der Kleinheit der Stichprobe auch mit einer größeren Unsicherheit behaftet als in den Regionen.

Erwerbstätigenquote der 20-64-Jährigen

2018 Administrative Daten Arbeitskräfteerhebung
Ostbelgien 67,3% 74,8%
Wallonie 64,5% 63,7%
Flandern 74,2% 74,6%
Belgien 69,4% 69,7%