21. Wie groß muss die Stichprobe sein?

In der Praxis bestimmen meistens sachliche, personelle, zeitliche und finanzielle Restriktionen den Stichprobenumfang. Trotz allem gilt, dass die Stichprobe als Teilmenge der Grundgesamtheit, die untersuchungsrelevanten Merkmale möglichst genau abbilden (repräsentieren) soll. Von der Verteilung der Merkmale einer Stichprobe wird also auf die Grundgesamtheit geschlossen. Das Ergebnis stellt Schätzwerte dar.

Zur Berechung der Stichprobengröße gibt es keine allgemeingültige Regel, da der letztlich erforderliche Stichprobenumfang immer von der Streuung der Untersuchungsvariablen und der Anzahl von Variablen pro Hypothese abhängt. Je mehr Variablen eine Hypothese kombiniert und je größer die Zahl der Ausprägungen jeder einzelner Variable, desto höher sollte der Stichprobenumfang sein. Häufig kennt man allerdings eben jene Streuung vor der Untersuchung nicht. In diesem Fall ist eine Vorstudie erforderlich.

Genauso wie auf der Grundlage des Stichprobenumfangs auf die Exaktheit der Stichprobenergebnisse hinsichtlich ihrer Verteilung in der Grundgesamtheit geschlossen werden kann, ist es auch umgekehrt möglich, ausgehend von einer beabsichtigten Genauigkeit der Stichprobenergebnisse in Bezug auf die Grundgesamtheit den dafür notwendigen Stichprobenumfang zu berechnen (Wessel 1996, S. 200).

Für beide Herangehensweisen existieren Berechnungsformeln, z.B. in:

Atteslander, P. (1971): Methoden der empirischen Sozialforschung. Berlin.
Bahrenberg, G., Giese, E., Nipper, J. (1990): Statistische Methoden in der Geographie. Stuttgart.
Friedrichs, J. (1990): Methoden empirischer Sozialforschung. Opladen.
Hantschel, R., Tharun, E. (1980): Anthropogeographische Arbeitsweisen. Braunschweig
Holm, K. (1982): Die Befragung. Bd. 1: Der Fragebogen – Die Stichprobe. München.
Rinne, H. (1995): Taschenbuch der Statistik für Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler. Frankfurt a. M.
Wessel, K. (1996): Empirisches Arbeiten in der Wirtschafts- und Sozialgeographie. Paderborn.

Eine Regel aber gilt: Je größer die Grundgesamtheit, desto kleiner ist proportional gesehen die benötigte Stichprobe (bei gleichem „Konfidenzintervall“ und gleichem „Konfidenzlevel“).

Ein Beispiel:

Sie benötigen eine Stichprobe, mit der Sie sich zu 95% (Konfidenzlevel) sicher sein wollen, dass die Antworten von jeder theoretisch möglichen Stichprobenkombination maximal 3% nach oben oder nach unten von ihrer Antwort abweichen. Ob sie jetzt zufällig Personen X, Y oder Z in die Stichprobe auswählen, oder ob sie zufällig die Personen J, K und L in die Stichprobe auswählen – die Abweichung wird zu 95% nicht mehr als +/- 3% sein. Somit können Sie sich zu 95% sicher sein, dass auch die Antwort der Grundgesamtheit in diesem Bereich liegen würde.

Wenn also 70% der Grundgesamtheit Antwort A wählen würden, dann möchten Sie sich zu 95% sicher sein, dass die Antworten jeder Stichprobe zwischen 67% und 73% (Konfidenzintervall) liegen. Wie groß muss die Stichprobe sein?

Die benötigte Stichprobengröße entwickelt sich dann wie folgt (bei Konfidenzintervall + (+/-3%) und Konfidenzlevel 95%:

 Grundgesamtheit Stichprobe  Anteil an der Grundgesamtheit 
 100  92  92%
 1.000  516  51,6%
 5.000  880  17,6%
 10.000  964  9,64%
 100.000  1.056  1,56%
 1.000.000  1.066  0,1066%
 10.000.000  1.067  0,01067%

Bei Umfragen kann das Problem auftauchen, dass bei einem Teil der Befragten, die zu einer Stichprobe gehören, wegen Nichtanwesenheit oder Verweigerung keine Antwort erzielt wird oder einem (schriftlichen oder mündlichen) Frageprogramm nur unvollständig entsprochen wird. Dieses „Non-Response-Problem“ kann die Repräsentativität einer Stichprobe gravierend beeinträchtigen, weil eine Nichtbeantwortung meist mit den Befragungsgegenständen verknüpft ist. In diesem Falle kann man aus den ursprünglich Nichtantwortenden eine Stichprobe auswählen und ein anderes Befragungsmodell, z.B. einer fernmündlichen Befragung anwenden. Bei unvollständiger Bedienung eines Frageprogrammes durch einzelne Befragte werden hierdurch „Surrogate“ für die fehlenden Daten ermittelt und in die Schätzung einbezogen.

Lassen Sie sich Ihre Stichprobengröße im Internet berechnen: http://www.gmi-mr.de/resources/sample-size-calculator.php#terms Sie kennen nun ihre theoretische Stichprobengröße? Bitte bedenken Sie zudem, dass Sie nicht alle Personen erreichen werden. Um die theoretische Stichprobengröße auch wirklich zu erreichen, müssen Sie deutlich mehr Personen befragen; die zu erwartende Ausfallquote beeinflusst den notwendigen Auswahlstichprobenumfang erheblich!